Kilianskirche (Heilbronn)

Aus veikkos-archiv
Wechseln zu: Navigation, Suche
Reklamemarke mit Kilianskirche

Die Kilianskirche in Heilbronn ist eine gotische Hallenkirche aus Heilbronner Sandstein, deren Ursprung mindestens bis ins 11. Jahrhundert zurückreicht. Ihr Westturm von Hans Schweiner gilt als eines der ersten bedeutenden Renaissancebauwerke nördlich der Alpen. In der Kirche befindet sich der Altar von Hans Seyfer aus dem Jahre 1498, der als Meisterleistung der Schnitzkunst der deutschen Spätgotik gilt.


Die Ersterwähnung

Bei der Gründung des Bistums Würzburg im Jahre 741 erhielt der neue Bischof im ostfränkischen Raum 24 Kirchen mit allen Pfarr-Rechten und Einkünften. Dazu gehörte auch eine „basilica“ in „villa Helibrunna“. Bei dieser Kirche handelte es sich um eine bis dahin königliche Eigenkirche, die dem damals populären Erzengel Michael geweiht war, der seit dem 5. Jahrhundert insbesondere an Bergheiligtümern verehrt wurde. Dies ist urkundlich durch eine auf 741 datierte Schenkung belegt. Diese Urkunde ist insofern von historischer Bedeutung, weil damit nachgewiesen ist, dass es in Heilbronn im Jahre 741 einen Königshof und eine Kirche gab. Diese Heilbronner Michaelsbasilika war in der Zeit der Franken nahe dem für die Stadt namengebenden Brunnen errichtet worden und wurde 889 nochmals urkundlich erwähnt.


Die romanische Kirche um 1100

Um 1100 befanden sich zwei Kirchen in Heilbronn. Es wird vermutet, dass die Michaelsbasilika von 741 auf dem Gelände der heutigen Kilianskirche stand. Auch wenn einiges dafür spricht, konnte diese Vermutung bis heute nicht bewiesen werden. Dass sich an diesem Ort vor bzw. um 1100 jedoch schon ein sakrales Bauwerk befand, gilt durch Grabungen von 1880 als gesichert. Diese romanische Urkirche war etwa 10 mal 11 m groß und hatte eine Apsis nach Osten.


Die frühgotische Kirche um 1280

Um 1280 war anstelle der kleinen romanischen Kirche eine wesentliche größere frühgotische Kirche vorhanden, deren genaue Erbauungszeit unbekannt ist. Diese Kirche hatte eine Basilikaform mit niedrigen Seitenschiffen, einem kurzen, einschiffigen Chor und zwei seitlichen Chortürmen. Im 13. Jahrhundert wurde die Kirche auf Veranlassung des Bistums dem Heiligen Kilian geweiht, der in Würzburg gewirkt hatte. Als Kilianskirche wurde das Bauwerk erstmals 1297 in einem Ablassbrief erwähnt.


Die westliche Turmvorhalle um 1400

Da an der Westseite der Kirche ein weiteres Turmpaar geplant war, wurde um 1400 eine dreiteilige Westvorhalle angebaut. Diese Vorhalle hatte ein Südportal (zur heutigen Kirchbrunnenstraße) und ein Nordportal (zur heutigen Kaiserstraße) und war etwa 18 m hoch. Die geplanten Westtürme wurden zu dieser Zeit jedoch nicht gebaut.


Der Umbau des Langhauses und Chores im 15. Jahrhundert

Hans von Mingolsheim, ein Baumeister, Steinmetz und späterer Ratsherr, nahm in den Jahren 1447 bis 1454 den Bau der Seitenschiffe und nochmals 1458 bis 1460 den Umbau des Langhauses der Basilika zur Hallenkirche vor. Anschließend wurde bis 1487 ein größerer und höherer, nun dreischiffiger Hallenchor als östlicher Abschluss angefügt. Die drei Chorschiffe wurden mit einem Dach gedeckt und hatten Apsiden mit hohen schlanken Fenstern. Der Chor weist eine für damalige Bauten in Südwestdeutschland außergewöhnliche Höhe auf; das Gewölbe wurde von Baumeister Aberlin Jörg ausgeführt. Auf der nördlichen Innenseite des Chores entstanden zwei Kapellen, und an der südlichen Choraußenwand wurden zwei Sakristeien angebaut. Die Chorfenster wurden im Jahr 1487 mit schönen Buntglasscheiben ausgestattet, die wahrscheinlich in einer Werkstatt in Speyer gefertigt wurden. Im Chor befindet sich der zweiflüglige Hauptaltar von Hans Seyfer aus dem Jahr 1498, Prediger zu jenen Zeit war Johann Kröner.


Der Westturm von Hans Schweiner 1508 bis 1529

Der ursprüngliche Plan zweier Westtürme wurde fallen gelassen, da dies nicht mehr dem Zeitgeist entsprach. Ab 1508 wurde deshalb der charakteristische Westturm von Hans Schweiner aus Weinsberg ausgeführt. Dazu war es zunächst notwendig, die Westvorhalle, die für zwei Türme konzipiert war, entsprechend umzubauen, was von 1508 bis 1513 erfolgte.

Die Ausführung des Baus wurde durch die ab 1524 in Heilbronn herrschende Reformation unter Pfarrer Johann Lachmann bestimmt. Der 1529 vollendete, knapp 64 Meter hohe Kiliansturm gilt als „eines der originellsten Werke der Frührenaissance in Deutschland.“ Er zeichnet sich durch reichen reformatorischen Bauschmuck aus: Affe in Mönchskutte, Vögel mit den Köpfen von Mönch und Nonne, Bischöfe mit Tierzungen usw. Seine Spitze ziert ein rein weltliches Symbol: ein Bannerträger der Reichsstadt, der „Steinerne Mann“, heute im Volksmund das „Männle“ oder auch „Kiliansmännle“ genannt.

Der größte Teil des sichtbaren Baukörpers wurde aus regionaltypischem Heilbronner Sandstein errichtet. Das Netzgewölbe der Decken entstand als nichttragendes Zierwerk um 1580.


Weitere Umgestaltungen und Renovierungen

In den folgenden drei Jahrhunderten erfolgten nur noch kleinere Ergänzungen. Ab Oktober 1805 diente der Bau kurzfristig als französisches Gefangenenlager für österreichische und russische Soldaten und musste anschließend renoviert werden, da diese einen Teil des Gestühls verheizt hatten.

Das Bauwerk wurde bei einer umfassenderen Renovierung in den Jahren 1886 bis 1894 durch den Baumeister des Ulmer Münsters Professor August von Beyer neugotisch umgestaltet. Dabei erhielt der Chor drei einzelne Dächer, die Hallenkirche von 1587 wurde wieder zur Basilika umgebaut, und die Osttürme bekamen spitze Helme. Dieser Umbau bereitete die Übergabe der Bürgerkirche an die Kirchengemeinde Heilbronn vor: Am 14. Juni 1867 entschloß sich die württembergische Regierung, nach anderen Vorgängen, Kirchengemeinden in Württemberg als Körperschaften des öffentlichen Rechts zu errichten und ihnen unter anderem auch die Verwaltung des kirchlichen Vermögens zu übertragen. Bis zum März 1893 war alles kirchliche Vermögen aus dem städtischen auszuscheiden. Am 1. April 1893 übergab die Stadt der Kirchengemeinde Heilbronn die Kilianskirche, die Nikolaikirche, das Pfarrhaus Herbststraße 21 (in dem zuletzt Stadtpfarrer Reininghaus wohnte) und das Dekanatsgebäude Ecke Garten- und Turmstraße(zuletzt Amts- und Wohnsitz von Dekan Dr. Rauscher). Die übrigen kirchlichen Ansprüche wurden von der Stadt durch einen Schuldschein über 330 000 Mark abgefunden, verzinslich zu vier Prozent und heimzahlbar in 35 Jahresraten. Anfang April 1893 wurde das Grundbuch von Amts wegen berichtigt und als neuer Eigentümer der vier Grundstücke, und somit auch der Kilianskirche, die Kirchengemeinde Heilbronn eingetragen.

1930 bis 1938 erfolgte nochmals eine Renovierung.


Die Zerstörung 1944

Bereits kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden die wertvollen Figuren des Seyfer-Altars in der Friedenskirche untergebracht. Später transportierte man diese zusammen mit einigen Glasfenstern des Chores in das Salzbergwerk Kochendorf. Die anderen Kunstschätze wurden zum Teil – wie zum Beispiel der Schrein des Altars oder das Sakramentshaus – in der Kirche selbst durch Ummauerungen gesichert. Bereits am 10. September 1944 wurden die Dächer des Chores, des nördlichen Seitenschiffs und der Sakristei durch Brandbomben bei einem amerikanischen Fliegerangriff zerstört. Am 12. Oktober 1944 zerstörte eine Luftmine die Fenster, Teile des Maßwerks der Chorfenster, die südliche Wendeltreppe sowie das Gesprenge des Hochaltars. Am 4. Dezember 1944 wurde die Kirche schließlich beim Luftangriff auf Heilbronn fast vollständig zerstört. Der Westturm und der nördliche Chorturm brannten aus, ebenso wie das Mittelschiff. Der Chor mit Netzgewölbe, die Empore und die Orgel wurden komplett zerstört. Im April 1945 richtete starkes Artilleriefeuer der amerikanischen Armee weitere Schäden, insbesondere an der Westfront, an.


Der Wiederaufbau 1946 bis 1974

Der Wiederaufbau erfolgte in mehreren Bauabschnitten von 1946 bis 1974. Nachdem 1946 und 1947 zunächst die Trümmer weggeräumt worden waren, begann ab 1948 der Wiederaufbau, der von Professor Hannes Mayer geleitet wurde. Das Mittelschiff und die Seitenschiffe bekamen wieder ein gemeinsames, hohes Dach. Die Chortürme erhielten durch Kupferhauben statt der spitzen Helme wieder das alte Aussehen von vor 1886. Insgesamt wurde auf die neogotischen Elemente der Renovierung des 19. Jahrhunderts weitgehend verzichtet, so dass sich das Äußere der Kirche heute wieder in seiner ursprünglichen Renaissancepracht darstellt. Obwohl die Instandsetzung der Kirche bis zur Wiedereinweihung am 28. November 1965 im Wesentlichen abgeschlossen war, dauerten die Wiederherstellungsarbeiten im Innern und Äußeren noch bis zum 17. November 1974. 1968 wurde die Chororgel eingeweiht und erst am 1. Dezember 1968 der Hochaltar wieder errichtet. Auch die Instandsetzung des Westturmes dauerte bis 1968, die Renovierung der Turmvorhalle bis 1971, des nördlichen Chorturmes bis 1972 und des südlichen bis 1974.

Der Gesamtkirchenraum ist durch das in enger Verbindung mit Bürgerschaft, Kirchen und Denkmalpflege geschaffene Fensterwerk von Charles Crodel geprägt, das bildlich mit dem Wasser des "Heilbronn" verbunden ist, der das Taufbecken speist. Der zum Kirchenensemble gehörende Siebenröhrenbrunnen ist im nördlichen Chorfenster dargestellt.


Weitere Sanierungen ab 1984

Bereits ab 1984 waren weitere Sanierungen nötig, als eine der Sandsteinfratzen aus 44 m Höhe herab gestürzt war. Deshalb wurden bis 1987 etwa 100 Steine am Turm erneuert und bis 1992 Sanierungsarbeiten am Hauptportal durchgeführt. Im Jahre 2000 wurde der Verein für die Kilianskirche in Heilbronn e.V. mit Oberbürgermeister Himmelsbach als Vorstandsmitglied gegründet, dessen Vorsitz Lothar Späth und ab 2003 Hans Hambücher übernahmen. Diese Initiative hat "die ideelle und finanzielle Förderung zur Erhaltung des Baudenkmals Kilianskirche in Heilbronn" zur Aufgabe. Von Sommer 2003 bis zum Sommer 2005 wurden umfangreiche Sanierungsarbeiten am Westturm der Kirche ausgeführt. Dabei wendete man auch spezielle Methoden wie die Muschelkalk-Konservierung und die Verwendung eines neuartigen Steinklebers an. Bei dem letztgenannten Verfahren wurden nicht komplette Steine ausgetauscht, sondern nur Teilstücke, so genannte Vierungen, die mit einem neu entwickelten silikatischen Steinkleber eingeklebt wurden.



Text: Wikipedia

Liste der Autoren

Der Text ist unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar; zusätzliche Bedingungen können anwendbar sein. Einzelheiten sind in den Nutzungsbedingungen von Wikipedia beschrieben.