Reichenauer Hof (Ulm)

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Reklamemarke mit Kaiser Karl der V.

Der Reichenauer Hof (auch: Ehinger Hof) ist ein baugeschichtlich bis in die Gotik zurückgehendes, ehemaliges Patrizierhaus in Ulm. Im Inneren birgt es im sogenannten „Meistersingersaal“ oder „Minnesängersaal“ die ältesten Fresken Ulms.

Das auch als Ehinger Hof bezeichnete Gebäude (heutige Anschrift: Grüner Hof 2) geht ursprünglich auf ein um 1370 erbautes Patrizierhaus im Südosten der Ulmer Altstadt nahe der Herdbrücke über die Donau zurück, das der damalige Ulmer Bürgermeister Ludwig Krafft, in erster Ehe mit Elisabeth Ehinger († 1389) verheiratet, erbauen ließ. Dessen Fragmente (Meistersinger- bzw. Minnesängersaal) stellen heute die ältesten Teile des Gebäudes dar. Zu den späteren Besitzern zählte der Ratsherr Ulrich Ehinger (seit 1537). Er prägte in der aufkommenden deutschen Frührenaissance die heutige Architektur. Dabei integrierte er den bestehenden Minnesängersaal in den noch heute überwiegend erhaltenen Renaissancebau. Auf diese Zeit geht auch die Alternativbezeichnung „Ehinger Hof“ zurück. Die heute gängigere Bezeichnung „Reichenauer Hof“ ist auf den ehemaligen Pfleghof des Klosters Reichenau zurückzuführen, das von diesem Ort im Hochmittelalter Handel und Politik betrieb. Der Ostflügel aus dem 14. Jahrhundert wurde um 1535 durch Anbauten ergänzt. Die Proportionen seiner Fassaden, die Arkaden des Innenhofes und seine Kassettendecken in den Innenräumen charakterisieren den Bau in dieser Form als frühes Zeugnis deutscher Renaissance. Mehrere spätere Umbauten folgten.

Zwischen 1543 und 1552 war Kaiser Karl V. fünfmal im Hause zu Gast. Später (bis 1786) befand sich hier der Gasthof „Schwarzer Ochsen“. Der heutige Hauptbaukörper erstreckt sich parallel zur Donau und besitzt einen Giebel nach Westen sowie einen südwestlichen Eckerker. Ab 1842 plante und koordinierte Major von Prittwitz den Bau des nördlich der Donau gelegenen Teils der Bundesfestung Ulm vom Reichenauer Hof aus (sog. Kommandantur, später auch Gouvernment). Nach Kriegszerstörungen im Zweiten Weltkrieg und Wiederaufbau beherbergt das Gebäude heute das Staatliche Hochbauamt Ulm und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die vom Reichenauer Hof aus Gebäude des Bundes von Heidenheim bis zum Bodensee betreuen.

Der heutige Hauptbaukörper erstreckt sich parallel zur Donau und besitzt einen Giebel nach Westen sowie einen südwestlichen Eckerker.

Im Ostflügel des Reichenauer Hofes befindet sich der sogenannte „Minnesängersaal“ (früher auch „Meistersingersaal“). Seine Fresken entstanden um 1370/80 und gelten als die älteste erhaltene gotische Wandmalerei Ulms. Entlang der Wände thematisieren Figuren und Spruchbänder die Liebe – die „Minne“ – in ihrer weltlichen und geistigen Form. Die Ausmalung des Saals erstreckt sich über die Wandflächen (Rankenwerk und Figuren) in der Sockelzone mit illusionistisch gemalten drapierten Wandbehängen sowie die beiden Gewölbefelder (Wappenmedaillons mit Löwen und Adlern). Die Schlusssteine sind mit den Wappen der Geschlechter Krafft und Ehinger versehen. Die im Fensterbereich dargestellten Spielleute mit Pauke, Monochord, Violine und Laute gaben dem Raum die Bezeichnung „Meistersingersaal“ oder „Minnesängersaal“. Allerdings wurde der Saal nicht von Meistersingern (die bei Bürgern und Handwerkern angesiedelt waren) genutzt, sondern diente Patriziern als Festsaal („Singeraum“). Ein höfischer Sängerwettstreit fand hier wohl nie statt.

Die Wandmalereien des heute aus Gründen des Denkmalschutzes nicht ständig zugänglichen Saales wurden 1960 renoviert. Der Raum ist architektonisch wie geistig-kulturell ein Zeugnis des patrizischen Ulm und ein seltenes Beispiel weltlicher Wandmalerei des Spätmittelalters.



Text: Wikipedia

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