Friedhofsbahn Stahnsdorf

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Friedhofsbahn

Anfang des 20. Jahrhunderts wurden aufgrund der zunehmenden Platzknappheit im Stadtgebiet des heutigen Berlins die Friedhöfe vor die Tore der Stadt verlegt. Allerdings war der Transport der Toten und der Hinterbliebenen zu diesen Friedhöfen teuer. Deshalb wurde eine Bahnlinie geplant, die eine billige Verbindung zwischen Berlin und den Friedhöfen sicherstellen sollte. Als Grundlage diente ein Vertrag, der zwischen der Berliner Stadtsynode und der Preußischen Eisenbahnverwaltung als damaliger Besitzer abgeschlossen wurde. Darin verpflichtete sich die kirchliche Einrichtung, die Grundstücke für die Verlegung der Gleise zur Verfügung zu stellen sowie die Kosten für Planung und Bau der Eisenbahn von Stahnsdorf nach Wannsee in Höhe von 1,28 Mill. Reichsmark zu übernehmen. Die Leistung der Bahnverwaltung bestand im Betreiben der neuen Eisenbahnverbindung.

Die eingleisige Bahn wurde am 2. Juni 1913 eröffnet. Die Strecke zweigte südlich des Bahnhofes Berlin-Wannsee von der Wannseebahn ab, überquerte die Wetzlarer Bahn und verlief in südöstlicher Richtung durch die Parforceheide. Bei Dreilinden, wo die Friedhofsbahn ihren einzigen Zwischenbahnhof hatte, unterquerte sie die heute ebenfalls stillgelegte Stammbahn und erreichte wenig später Stahnsdorf.

Auf der Strecke verkehrten spezielle Züge, die sowohl die Särge der Toten als auch die Trauergäste transportieren konnten. Im Bahnhof Stahnsdorf gab es dafür auch zwei separate Ausgänge. Nachdem die Strecke elektrifiziert worden war, fuhren hier ab dem 10. Juli 1928 auch normale S-Bahnzüge.

Nachdem der Zugverkehr während des Zweiten Weltkrieges wegen der Zerstörung der Eisenbahnbrücke über den Teltowkanal unterbrochen war fand der Verkehr nur zwischen dem Bahnhof Berlin-Wannsee und dem „Haltepunkt Dreilinden“ statt. Er wurde nach der Wiederherstellung der Brücke 1948 wieder aufgenommen. 1952 wurde dann die Überführung von Leichen eingestellt. Mit dem Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 wurde der gesamte S-Bahnverkehr eingestellt. Die Bahnanlagen wurden in den 1970er Jahren (Osten) und später auch im Westen abgebaut. 1970 wurde das Empfangsgebäude am Bahnhof Dreilinden abgerissen, 1976 wurde das Bahnhofsgebäude in Stahnsdorf gesprengt.

Der deutsch-deutsche Einigungsvertrag sieht vor, dass „Bahnstrecken, die durch den Mauerbau unterbrochen wurden, wieder hergestellt werden“, doch gibt es zur Wiedereröffnung der Friedhofsbahn bisher keine konkreten Pläne. Zusätzlich wird auch eine Verlängerung über Stahnsdorf hinaus bis an die 2005 eröffnete S-Bahnstrecke nach Teltow in Betracht gezogen, wofür Pläne bereits zur Zeit des Dritten Reiches bestanden und eine Trasse freigehalten wurde. Eine andere Alternative wäre eine teilweise Wiedereröffnung der Stammbahn von Zehlendorf bis Dreilinden, von wo dann die Strecke über die Trasse der Friedhofsbahn bis nach Stahnsdorf geführt werden könnte.

Ab 1991 strebte die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg nach der Wiederherstellung. Die Kirchenleitung wurde bei ihrer Forderung durch die Gemeinde Stahnsdorf unterstützt, dessen Einwohnerzahl von ehemals 5.800 (1993) auf über 14.000 (Ende 2009) gestiegen ist. Die 13. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin wies die Klage ab. Mit Urteil vom 22. Dezember 2010 (VG 13 K 176.06) wurde festgestellt, dass die evangelische Kirche aus dem 1909 mit der preußischen Eisenbahnverwaltung geschlossenen Vertrag über den Bau einer Bahn von Wannsee nach Stahnsdorf keinen Anspruch auf Wiederherstellung der 1961 stillgelegten Bahnstrecke hat.

Der Anspruch aus dem vor hundert Jahren geschlossenen Vertrag bezieht sich nur auf den Verschleiß, doch Stilllegung und Demontage beruhten auf einer politisch begründeten Entscheidung der DDR-Führung. Auch Schadenersatzansprüche gegen die Bahn sind erfolglos geblieben, da seinerzeit die Grundstücksübereignung Grundlage für den Betrieb war, wobei die Bahn den Betrieb aufgenommen und durchgeführt hat. Das Urteil ist rechtskräftig, nachdem das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. Mai 2012 (OVG 12 N 30.11) den Antrag der Evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg auf Zulassung der Berufung abgelehnt hat.



Text: Wikipedia

Bild: Wikipedia/Platte C

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