Heinrich Schliemann (Denkmal)

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Entworfen von Hugo Berwald und 1895 eingeweiht

Johann Ludwig Heinrich Julius Schliemann (* 6. Januar 1822 in Neubukow; † 26. Dezember 1890 in Neapel) war ein deutscher Kaufmann, Archäologe sowie Pionier der Feldarchäologie. Als erster Forscher führte er Ausgrabungen im kleinasiatischen Hisarlık durch und fand die von ihm und zuvor schon anderen Forschern hier vermuteten Ruinen des bronzezeitlichen Trojas.


Jugendzeit

Heinrich Schliemann wurde in Neubukow (Mecklenburg) als fünftes von neun Kindern des Pastors Ernst Schliemann (1780–1870) und dessen Frau Luise, geb. Bürger (1793–1831), Tochter des späteren Bürgermeisters von Sternberg geboren. Weil der Vater 1823 die einträgliche Pfarrstelle in Ankershagen übernommen hatte, wuchs Schliemann in jenem Dorf in Ostmecklenburg auf und verlebte dort bis zum Alter von zehn Jahren seine Kindheit. Die Mutter starb 1831 nach der Geburt des neunten Kindes, daher kam Heinrich in die Familie seines Onkels Friedrich Schliemann in Kalkhorst bei Grevesmühlen. Aus Geldmangel musste er den 1833 begonnenen Besuch des Gymnasium Carolinum in Neustrelitz abbrechen und auf die Realschule wechseln. 1836 begann er eine Lehrzeit als Handelsgehilfe bei einem Krämer in Fürstenberg/Havel, die er aus gesundheitlichen Gründen nach fünfeinhalb Jahren abbrechen musste.


Kaufmannskarriere

Im Sommer 1841 verließ Schliemann endgültig Mecklenburg und versuchte sein Glück in Hamburg, konnte aber trotz mehrerer Empfehlungsschreiben nur eine Stelle als Lagerarbeiter erhalten und erkrankte schwer. Völlig verarmt dachte er wie viele Zeitgenossen nun an Auswanderung, nahm eine Stelle in La Guaira in Venezuela an und lief am 28. November 1841 bei schlechtem Wetter mit dem Dreimaster Dorothea aus. Das Schiff strandete jedoch am 11./12. Dezember vor der niederländischen Insel Texel. Am 20. Dezember traf er in Amsterdam ein, erhielt zu Jahresende eine Stellung als Kontorbote im Handelshaus Hoyack & Co. und begann, Fremdsprachen zu erlernen, was ihm anscheinend außerordentlich leicht fiel. Innerhalb eines Jahres lernte er Niederländisch, Spanisch, Italienisch und Portugiesisch.

1844 erlangte er eine Stellung bei B. H. Schröder & Co. als Korrespondent und Buchhalter, später Leiter des Korrespondenzbüros, und begann – wohl auf Grund der engen Handelsbeziehungen seines Arbeitgebers zum Zarenreich – Russisch zu lernen. 1846 gründete er im Auftrag von B. H. Schröder & Co. eine Handelsniederlassung in St. Petersburg; bereits ein Jahr später eröffnete er dort ein eigenes Handelshaus auf dem Newski-Prospekt und erwarb die russische Staatsbürgerschaft (15. Februar 1847). In St. Petersburg logierte er im Palais des Grafen Sievers und hielt sich bereits einen Bediensteten. Besonders erfolgreich wurde Schliemann im Handel mit sog. Kolonialwaren, nämlich Farbstoffen (insbesondere Indigo) und Genussmitteln, sowie mit Industrierohstoffen.

Der Briefwechsel mit seinem Bruder Ludwig, der in Kalifornien Goldgräber war, zog Schliemann 1850 bis 1852 nach Amerika. Er gründete eine Bank für Goldhandel in Sacramento und begann, erfolgreich in amerikanische Eisenbahnprojekte zu investieren. Zurück in Europa heiratete er am 12. Oktober 1852 in der Isaakskathedrale die russische Kaufmannstochter Jekaterina Petrowna Lyshina (1826–1896) nach russisch-orthodoxem Ritus und festigte damit seine gesellschaftliche Stellung. Der Ehe entstammen die drei Kinder Sergej (1855–1941), Natalja (1859–1869) und Nadeschda (1861–1935).

Durch Großlieferungen von Munitionsrohstoffen (Blei, Schwefel und Salpeter) an die zaristische Armee im Krimkrieg (1853–1856) unter geschickter Umgehung der Seeblockade über den Landweg wurde er sehr reich. In seinem wirtschaftlich erfolgreichsten Jahr (1855) wurde Schliemann an der Petersburger Börse als Kaufmann mit dem höchsten Handelsumsatz und einem Geschäftsvolumen von 1 Million Taler notiert.


Forscherleben - 1864 bis 1870

Ab 1856 erlernte er Latein und Altgriechisch und wollte sich aus dem Geschäftsleben zurückziehen. Dies gelang ihm erst 1864; in diesem Jahr ging er auf ausgedehnte Studienreisen nach Asien sowie Nord- und Mittelamerika. 1865 verfasste er sein erstes Buch: La Chine et le Japon (China und Japan). Mit seiner genauen, sachlichen Beschreibung ist das Buch eine gute Quelle zur Kenntnis des vormodernen Alltags in diesen beiden Ländern. Von 1866 an studierte er Sprachen, Literatur und Altertumskunde an der Sorbonne in Paris.

Im April 1868 begann Schliemann seine erste Forschungsreise nach Griechenland. Über Rom und Neapel reiste er nach Korfu und fahndete nach Spuren des dort laut Homer gestrandeten Odysseus. Am 28. Juli 1868 erreichte er Ithaka und suchte dort neun Tage lang vergeblich nach dem in der Ilias beschriebenen Palast des Odysseus. Erstmals versuchte er sich hierbei als Ausgräber und heuerte dazu örtliche Hilfskräfte an. Über kurze Aufenthalte in Korinth und Athen gelangte er am 9. August zum ersten Mal in die Troas und stellte intensive Forschungen zur vermutlichen Lage der legendären Stadt des Priamos an. Er teilte nach langen, ausführlichen Ortsbegehungen die Meinung Frank Calverts, dass sich die Burg unter dem Hisarlık verbergen müsse, und beantragte eine Grabungserlaubnis bei der Hohen Pforte.

Im September 1868 reiste Schliemann zurück nach Paris und schrieb dort sein Buch Ithaka, der Peloponnes und Troja, das er 1869 in der französischen Fassung zusammen mit seiner Publikation La Chine der Universität Rostock als Dissertation vorlegte. Im selben Jahr folgten eine Reise nach St. Petersburg und in die USA, wo er am 29. März die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt und am 30. Juni die Scheidung seiner in Europa unauflösbaren russisch-orthodoxen Ehe erreichte. In Abwesenheit wurde er zur selben Zeit von der philosophischen Fakultät der Universität Rostock zum Dr. phil. promoviert. Gleichzeitig ließ er sich von seinem Freund Erzbischof Theokletos Vimpos aus Athen Fotografien von griechischen Heiratskandidatinnen zusenden und ehelichte nach seiner Rückkehr nach Griechenland die 17-jährige Sophia Engastroménos am 24. September 1869 nach griechisch-orthodoxem Brauch in der Meletios-Kirche in Kolonos, dem Geburtsort des Sophokles (heute ein Stadtteil von Athen). Nach einer Hochzeitsreise durch Italien und Aufenthalt in Paris kehrte das Ehepaar Schliemann Anfang 1870 nach Athen zurück und kaufte sich eine Villa in der Odos Mouson nahe dem Syntagma-Platz.


1870 bis 1873 (Troja)

Im Frühjahr 1870 war die Grabungserlaubnis der türkischen Regierung immer noch nicht eingetroffen, trotzdem fuhr Schliemann erneut nach Troja und zog vom 9. bis 22. April mit Hilfsarbeitern einen 20 Meter langen und bis zu 3 Meter tiefen Graben, der bereits zur Entdeckung mehrerer Siedlungsschichten führte. Im Dezember unternahm er eine Reise nach Konstantinopel und den erfolglosen Versuch, bei den osmanischen Behörden durch persönliche Vorsprache die Grabungserlaubnis zu erhalten. In diesen drei Wochen erlernte er Türkisch. Am 7. Mai 1871 kam in Athen seine Tochter Andromache († 1962) zur Welt. Als er sich im Sommer in London aufhielt, um hier Teile der Grabungsausrüstung einzukaufen, erreichte ihn am 12. August ein Brief aus Konstantinopel mit der Grabungsgenehmigung.

Zurück in Troja erkannte die lokale Provinzverwaltung die Erlaubnis nur für den Teil des Hisarlık an, der Frank Calvert gehörte, was einen Gesamtschnitt durch den Hügel verhindert hätte. Nach Intervention der amerikanischen Botschaft in Konstantinopel konnte am 11. Oktober 1871 aber die Grabungskampagne wie geplant beginnen und förderte schnell antike, bronze- und steinzeitliche Siedlungsschichten zu Tage, bis sie am 24. November wegen des hereinbrechenden Winters beendet werden musste. Am 1. April 1872 begann die zweite Kampagne und führte am 13. Juni zur Entdeckung des bis dahin bedeutsamsten Fundes, der sogenannten Helios-Metope vom Triglyphenfries des hellenistischen Athena-Tempels (heute im Alten Museum in Berlin).

Im Januar 1873 begann die dritte und erfolgreichste Grabungskampagne. Schliemann entdeckte ein Stadttor (in seiner Interpretation das Skäische Tor der Ilias), von dem eine breite Straße zu einem von ihm als Palast des Priamos gedeuteten Haus führt, in dessen Nähe am 31. Mai der sogenannte Schatz des Priamos aufgefunden wurde. Schliemann erklärte Troja für gefunden und seine Aufgabe als erfüllt. Trotzdem verweigerten die deutschen Wissenschaftler ihm weiterhin die gewünschte fachliche Anerkennung, insbesondere die deutsche Archäologie-Koryphäe Ernst Curtius, mit der Schliemann um die Grabungsrechte für Olympia (erfolglos) konkurrierte. Nur in Großbritannien erregte der Fund hohes Aufsehen in der Fachwelt; die Society of Antiquaries of London lud Schliemann zu einem vielbeachteten Fachvortrag ins Burlington House ein, wo er vom britischen Staatsmann William Ewart Gladstone mit einer Laudatio begrüßt wurde.


1874 bis 1876 (Mykene)

Anfang 1874 reiste Schliemann nach Mykene, um weiter nach Spuren von Homers Ilias zu forschen, insbesondere nach dem Grab Agamemnons. Sechs Tage lang ließ er von zwölf Arbeitern auf der Akropolis 34 gut fünf Meter tiefe Suchgräben ziehen, bis die illegale Grabung durch die Behörden beendet wurde. Im selben Jahr wurde Schliemann von der Hohen Pforte auf Herausgabe der Hälfte seiner trojanischen Schätze vor einem Athener Gericht verklagt; der Prozess endete mit einem Vergleich, in dem Schliemann gegen Zahlung von 50.000 Goldfranken den Schatz des Priamos legal erwarb.

Im Warten auf die Grabungserlaubnis für Mykene zog Schliemann 1875 auf Vortrags- und Museumsreise durch Europa und führte Grabungen in Alba Longa (in der römischen Mythologie eine Gründung von Ascanius, Sohn des trojanischen Prinzen Aeneas aus der Ilias) und im phönikischen Mozia durch.

Im Sommer 1876 lag für Mykene die Grabungserlaubnis vor, so dass er und seine Frau, die hier erstmals selbständig Teilgrabungen leitete, am 7. August die umfangreiche Kampagne mit 63 Arbeitern nun offiziell begannen. Am 9. September stießen sie auf einen in der Ilias erwähnten Versammlungsplatz aus zwei konzentrischen Ringen aus aufrechtstehenden flachen, polierten Steinplatten mit einem Außendurchmesser von rund 30 Metern. Bei Testgrabungen an dieser Stelle kamen zunächst einfache Grabstelen und Grabbeilagen zu Tage. Am 9. Oktober wurden die Arbeiten aufgrund des angekündigten Besuchs des brasilianischen Kaisers Dom Pedro II. unterbrochen und der Kaiser am 25. Oktober auf dem Grabungsareal empfangen. Ab Ende November kamen inmitten der Steinkreise wohlausgestattete Gräber zum Vorschein, schließlich fünf prunkvolle Schachtgräber mit goldenen Totenmasken und wertvollen Grabbeigaben, z. B. einem lebensgroßen silbernen Kuhkopf mit goldenen Hörnern. Am 28. November telegraphierte Schliemann an den griechischen König, er habe das Grab des Agamemnon und seiner Familie gefunden. Erst am nächsten Tag jedoch fand er die größte und kunstvollste goldene Totenmaske, die als Goldmaske des Agamemnon bekannt geworden ist. Bis zum 3. Dezember führte er die Grabungen fort. Bis dahin hatte er 13 Kilogramm an Goldschätzen gehoben. Diese wurden von den griechischen Behörden in der Staatsbank von Athen eingelagert und sind heute im Archäologischen Nationalmuseum zu sehen.

Unter den Grabbeigaben befanden sich auch zahlreiche Artefakte, in denen Bernstein verarbeitet war. Schliemann veranlasste eine Untersuchung des Bernsteins durch den Danziger Apotheker Otto Helm, der zu dem Ergebnis kam, dass es sich um Baltischen Bernstein handelte. Daraus entwickelte sich eine bis heute noch nicht vollständig abgeschlossene Diskussion zum Alter, dem Verlauf und den Verästelungen der Handelswege zwischen den im Ostseeraum siedelnden Völkern und den antiken Kulturen im Mittelmeerraum (Bernsteinstraße) sowie zu der Frage, wie sich die geografische Herkunft von Bernstein aus archäologischen Grabungen zuverlässig bestimmen lässt.


1877 bis 1890

Im November 1877 brachte Schliemann seinen Schatz des Priamos nach London, stellte ihn in 24 Vitrinen drei Jahre lang im South-Kensington-Museum aus und wurde Ehrenmitglied der Society of Antiquaries of London. Nun nahm auch das wissenschaftliche und öffentliche Interesse an der Arbeit Schliemanns im Deutschen Reich zu. Im März 1878 kam sein Sohn Agamemnon († 1954) zur Welt.

1878/79 führte Schliemann erneute Grabungskampagnen in Troja durch, wobei sein Förderer Rudolf Virchow zeitweise anwesend war. Zur selben Zeit erbaute in Athen Ernst Ziller für Schliemann den neoklassizistischen Wohnpalast Iliou Melathron.

1880/81 grub Schliemann in Orchomenos (dessen Volk laut Homer unter ihrem König Ialmenos am Krieg gegen Troja teilnahm) und fand das sogenannte Schatzhaus des Minyas, des sagenhaften Gründers der Stadt.

1881 schenkte Schliemann – auf Vermittlung Virchows – seine Sammlung „trojanischer Alterthümer“ dem deutschen Volk und wurde Ehrenbürger Berlins sowie Ehrenmitglied der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. Er veröffentlichte seine Forschungsergebnisse unter dem Titel Ilios sowie seine Autobiografie.

1882 begann seine sechste Grabungskampagne in Troja unter Mitarbeit des jungen Baumeisters Wilhelm Dörpfeld. Im gleichen Jahr wurde er zum auswärtigen Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ernannt. 1883 wurde Schliemann Ehrendoktor der Universität Oxford und Ehrenmitglied des Queen's College.

Ab dem 17. März 1884 führte er sehr erfolgreiche Grabungen in Tiryns zusammen mit Dörpfeld aus. Sechzig Arbeiter trugen den Schutt der Akropolis ab, wo bereits 1876 kyklopische Mauern entdeckt worden waren, die sich nun als Grundmauern eines prähistorischen Königspalastes mit großem Arkadenhof, Altar und freskengeschmückten Gemächern, Badezimmer und Megaron erwiesen. Die Entdeckung des Palastes bescherte der Wissenschaft fundierte Kenntnisse über Ausmaß, Blütezeit und Untergang der mykenischen Epoche.

1886 beendeten Schliemann und Dörpfeld die Ausgrabungen in Tiryns und begaben sich nach Knossos auf dem damals noch türkischen Kreta, um Grabungsareal zu kaufen und eine Grabungslizenz zu erwirken, konnten sich mit dem Landbesitzer jedoch nicht auf einen Preis einigen. 1886/87 fuhr der gesundheitlich stark angeschlagene Schliemann nach Ägypten, um sich zunächst auf einer Nilkreuzfahrt mit eigener Jacht zu erholen und ab Januar 1888 mit Virchow an der Ramleh-Station von Alexandria nach dem Grab Alexanders zu graben.

1889/90 initiierte und leitete Schliemann noch zwei Gelehrtenkonferenzen in Troja. Nach der siebten Kampagne in Troja starb Schliemann am 26. Dezember 1890 in Neapel – nach einer Ohrenoperation am 13. November in Halle – an den Folgen eines langjährigen Cholesteatoms. Seine Leiche wurde von Freunden nach Athen überführt und dort im prächtigen, von Ernst Ziller entworfenen neoklassizistischen Mausoleum auf dem Ersten Friedhof von Athen beigesetzt.

In seinem Testament bedachte er vor allem seine Kinder aus erster Ehe, die seine Häuser in Paris erbten, und aus zweiter Ehe, welche den Besitz in Griechenland erhielten. Aber auch seine lebenden deutschen Verwandten erhielten großzügige Erbteile.



Text: Wikipedia

Bild: Wikipedia/Doris Antony

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