Kaufhaus & Bankhaus Jonass & Co.

Aus veikkos-archiv
Wechseln zu: Navigation, Suche
Haus der Reichsjugendführung
Haus des Zentralkommitees der SED
Gedenktafel Wilhelm Pieck

Das ehemalige Kaufhaus Jonaß (auch Jonass geschrieben) in Berlin wurde 1929 als erstes Kreditkaufhaus eingeweiht. Nach der Enteignung der jüdischen Eigentümer während der Herrschaft der Nationalsozialisten diente das Gebäude der Hitlerjugend (HJ) und später der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) als Zentrale. In dem denkmalgeschützten Haus eröffnete im Mai 2010 das Soho House Berlin, ein exklusives Club-Hotel.

Reklamemarke

Geschichte

Gründung als Uhrenhandlung 1889

Die 1889 gegründete Jonass & Co., GmbH[1] war eine große Versandhandlung für Uhren und hatte nach dem Ersten Weltkrieg ihr Stammgeschäft im Haus der Berliner Geschäftsstelle von Telefunken (Gesellschaft für drahtlose Telegraphie) in der Belle-Alliance-Straße 7–10[2] (heute Mehringdamm 32/34). Der Inhaber von Jonass & Co., Kaufmann Hermann Golluber, hatte Anfang der 1920er Jahre an der Lothringer Straße das Gelände eines 1828 errichteten Exerzier- und Reithauses erworben und ließ dort in den Jahren 1928/29 zusammen mit seinem Geschäftspartner Hugo Halle das neue Gebäude für das Kredit-Warenhaus Jonaß & Co. AG von den Architekten Georg Bauer und Siegfried Friedländer errichten. Der wuchtige Komplex im Stil der Neuen Sachlichkeit wurde in der Ende der 1920er Jahre aufkommenden Skelettbauweise ausgeführt. Die ersten zwei Etagen sind mit Naturstein verkleidet, darüber schließen sich ein fünfgeschossiger Putzbau und ein Dachgeschoss an, in dem über einige Jahre ein Dachrestaurant betrieben wurde. Vor allem die Bevölkerung aus dem nahe gelegenen Scheunenviertel nutzte die Möglichkeit, in dem Kreditwarenhaus mit über 15.000 m² Nutzfläche auch gegen Teilzahlung einzukaufen. Mit dem Kaufschein hatten Kunden die Möglichkeit, nach Anzahlung eines Viertels des Warenwertes den Rest in vier Monatsraten abzuzahlen.

Zeit des Nationalsozialismus

Nach der Machtergreifung 1933 nahmen die beiden jüdischen Teilhaber der KGaA (& Co. AG) zwei „deutschblütige" Angestellte in die Geschäftsführung auf, um einer Enteignung (Arisierung) durch die Nationalsozialisten zu entgehen. Golluber und Haller wurden jedoch aus dem Geschäft gedrängt. Golluber floh 1939 in die USA, wo er wenig später starb.

Ab 1934 erfolgte der Warenverkauf von Jonaß & Co. in neuen Räumlichkeiten am Berliner Alexanderplatz in dem von Peter Behrens geplanten Haus Alexander (Alexanderplatz 2). Die neuen Besitzer schlossen das Kaufhaus an der Lothringer Straße und vermieteten es an die NSDAP, die es als Verwaltung der Reichsjugendführung nutzte. In dem Gebäude residierte die Reichszentrale mit dem Reichsjugendführer Arthur Axmann an der Spitze. 1942 kaufte die NSDAP das Haus Lothringer Straße 1.

Nach Aufgabe der Räumlichkeiten am Alexanderplatz kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges zog die Firma für kurze Zeit noch einmal in die Lothringer Straße zurück. Im Mai 1945 wurde das Unternehmen nach Enteignung durch die Sowjetische Militäradministration in Deutschland aufgelöst.

Nachkriegszeit: Haus der SPD, der SED und des Instituts für Marxismus-Leninismus

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude Sitz des Zentralausschusses der SPD. Nach der Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED diente das Haus als Sitz des Zentralkomitees (ZK) der SED und erhielt den Namen Haus der Einheit. Bis zum Umzug in das ZK-Gebäude am Werderschen Markt war es das Machtzentrum der DDR in Gestalt des Politbüros der SED unter seinem General-, später Ersten Sekretär Walter Ulbricht. Während der Unruhen am 17. Juni 1953 wurden von wütenden Arbeitern besonders das Haus der Einheit und das Haus der Ministerien umringt und angegriffen.

Von 1959 bis 1990 war im Haus das Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (IML) ansässig, das aus dem Geschichtsinstitut beim ZK der SED hervorgegangen war und zu dem auch das historische Archiv der KPD und das Zentrale Parteiarchiv der SED gehörten. Das IML beschäftigte sich mit der Geschichte der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung und deren historisch-philosophischen Klassikern. Zahlreiche Publikationen wurden hierzu herausgegeben. Von hier aus bereitete das IML Ende der 1960er Jahre die große deutschsprachige Marx-Engels-Gesamtausgabe vor.

Das Arbeitszimmer von Wilhelm Pieck in der dritten Etage mit zahlreichen Regalen, Büchern und Utensilien wurde als Gedenkzimmer erhalten. Selbst als Präsident bewahrte der gelernte Tischler Wilhelm Pieck in seinem Schreibtisch einen Hammer, einen Zollstock, einen Bohrer, eine Kneifzange und anderes Werkzeug auf. In Piecks Sekretariat wurden Urkunden, Broschüren und Bücher zur Berliner Ehrenbürgerschaft Piecks ausgestellt. Zwei in den Jahren 1976 und 1988 angebrachte Tafeln am Haupteingang des Gebäudes erinnerten an die beiden ersten SED-Vorsitzenden Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl.

Nach der Wende

Nach der Wende wurden die Institutionen aufgelöst und die Dokumente in das Bundesarchiv überführt. Die Immobilie stand seit 1995 leer, sie wurde 1996 an eine jüdische Erbengemeinschaft rückübereignet. Pläne zur Nutzung als Hotel, als Verwaltungssitz einer Berliner Wohnungsbaugenossenschaft oder als Bürogebäude fanden keine Interessenten, deshalb boten die Erben den Komplex weltweit zum Kauf.

Soho House Berlin

2007 erwarb die deutsch-britische Investorengruppe Cresco Capital den Baukomplex für neun Millionen Euro. Das Berliner Büro JSK Architekten lieferte im Auftrag der neuen Eigentümer die Pläne für die denkmalgerechte Sanierung und einen Umbau in eine Dependance des britischen Privatclubs Soho House. Mit rund 30 Millionen Euro entstand das im Mai 2010 eröffnete Soho House Berlin mit kombinierten Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten für Künstler, Journalisten, Regisseure und Manager aus dem Medienbereich. Entgegen einer ursprünglichen Ankündigung sind weder das Arbeitszimmer von Wilhelm Pieck noch die Räume für Konferenzen, Wellness und Gastronomie der Öffentlichkeit zugänglich. Die Gedenktafeln wurden entfernt.

Auf dem Bürgersteig vor dem Eingang dokumentieren Fotos und viersprachige Kurztexte auf einer von Rainer Eppelmann am 5. Juni 2008 enthüllten gläsernen Stele die Geschichte des Gebäudes. Unter dem Titel Haus der Einheit ist sie Teil eines Gesamtprojekts des Senats zur Sichtbarmachung von Berliner Geschichtsorten.

Lage

Das Gebäude am Rande des Kollwitzkiezes befindet sich im Bezirk Pankow, Ortsteil Prenzlauer Berg in der Torstraße 1 an der Ecke zur Prenzlauer Allee. Weil die Straße mehrfach umbenannt wurde, lautete die Anschrift zunächst Lothringer Straße 1, von 1951 bis 1994 Wilhelm-Pieck-Straße 1.

Eine weiterer Geschäftssitz befand sich in der Oberwallstraße 13 in Berlin.


Text: Wikipedia

2. Bild: Wikipedia/Bundesarchiv Bild 146-1993-021-16 / Klinke & Co. / CC-BY-SA

3. Bild: Wikipedia/Bundesarchiv Bild 183-12480-0002 / CC-BY-SA

4. Bild: Wikipedia/SpreeTom

Liste der Autoren

Der Text und die Bilder sind unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar; zusätzliche Bedingungen können anwendbar sein. Einzelheiten sind in den Nutzungsbedingungen von Wikipedia beschrieben.