Kloster Chorin

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Ansichtslkarte vom Kloster Chorin (1914)

Das Kloster Chorin, eine ehemalige Zisterzienserabtei, befindet sich in der Nähe des Ortes Chorin etwa sechs Kilometer nördlich von Eberswalde im Brandenburger Landkreis Barnim. Das Kloster wurde 1258 von askanischen Markgrafen gegründet und 1542 säkularisiert. Das Kloster hatte in der Zeit der Existenz der Abtei eine weitreichende Bedeutung am Rand des Einflussbereichs der Askanier im Norden zur Grenze der Slawen. Das Zisterzienserkloster Chorin gilt als typisches Beispiel der Backsteingotik und ist heute Baudenkmal. Es ist Mitglied des Deutsch-Polnischen Klosternetzwerks und beliebter Veranstaltungsort mit überregionaler Anziehungskraft.


Gründungsgeschichte

Am 8. Februar 1258 erlaubten die Bischöfe Otto und Johann von Brandenburg die Gründung des Klosters Mariensee, am 2. September des gleichen Jahres beurkunden Johann I. und Otto III. die Stiftung des Klosters. Am 8. September 1273 erfolgte die offizielle Verlegung nach Chorin, die Bauarbeiten in Chorin begannen wahrscheinlich bereits 1266. Der Pehlitzwerder mit den Fundamentresten der begonnenen 25,50 m breiten Kirche wird 1935 zum Natur- und Bodendenkmal erklärt.

Da der Ragöseabfluss des Choriner Sees nicht genügend Wasser zum Betrieb der Klostermühlen und zur Versorgung des Klosters zuführte, legten die Mönche noch im 13. Jahrhundert den Nettelgraben vom Choriner See zum höher gelegenen und heute isolierten Weißen See, der zur Bauzeit im 13. Jahrhundert eine Bucht des Parsteiner Sees bildete, an. Der noch heute bestehende Wassergraben zählt zu den frühesten Kunstgräben im heutigen Deutschland.

Im Generalkapitel des Kloster Cîteaux, dem Ursprungskloster des Zisterzienserordens, wurde die Eigenwirtschaft der Zisterzienser festgelegt:

„Die Mönche unseres Ordens müssen von ihrer Hände Arbeit, Ackerbau und Viehzucht leben. Daher müssen sie zum eigenen Gebrauch besitzen Gewässer, Wälder, Weinberge, Wiesen, Äcker (abseits von Siedlungen der Weltleute) sowie Tiere … Zur Bewirtschaftung können sie nahe oder ferne beim Kloster Höfe haben…“

Durch Schenkung überließen die askanischen Markgrafen dem Kloster Inseln im Parsteinsee, die Dörfer Pehlitz, Plawe, Brodowin, Chorin und Hufen der Orte Parstein, Liepe, Serwest, Buchholz, Finow (heute Niederfinow), Golzow und Britz mit allen dazugehörigen Seen, Fließen, Äckern, Bergen, Wiesen und Weiden.


Einflussbereich des Klosters Chorin

Das Kloster Chorin hatte einen für damalige Verhältnisse großen Einflussbereich. Üblicherweise errichteten die Askanierfürsten ca. alle fünf Kilometer ein Dorf, alle 20 bis 25 Kilometer wurde eine Stadt gegründet. Die Kloster wiederum wurden fernab der Städte und meist auf ehemaligen slawischen Befestigungsanlagen errichtet.

Chorin lag zwischen den damals bedeutenden Städten Eberswalde (Stadtrecht 1254, vorher zwei Dörfer), Niederfinow (als Burg Finow um 1220 gegründet), Joachimsthal und Oderberg sowie der Burg Angermünde. Diese relativ große Ausdehnung ist unter anderem dem Umzug des Klosters von Mariensee nach Chorin geschuldet, außerdem war Chorin am Rand des Einflussbereichs der Askanier und hatte so keine Konkurrenz aus den eigenen Reihen im Norden und Osten. Äußerster Vorposten der Askanier war dabei der Stolper Turm, ein Burgfried nordöstlich der Stadt Angermünde.

Der Kernbesitz des Klosters Chorin reichte im Westen bis Joachimsthal und um den Werbellinsee herum, im Süden bis Niederfinow mit seinem damals noch vorhandenen fischreichen Finow-Delta, im Osten bis über die Oder bei Stolzenhagen und im Norden bis Angermünde. Der Handelseinfluss reichte bis zu den Städten Eberswalde, Hohenfinow, Oderberg, Lunow und Stolpe.


Die Architektur

Zu den Bauverordnungen der Zisterzienser wurden Festlegungen getroffen, die auch Auswirkungen auf den Bau von Chorin hatten. Um 1130 wurden Skulpturen, Malereien und Bilder verboten, gestattet waren nur bemalte Altarkreuze aus Holz. Helle Glasfenster ohne Kreuze und Malereien waren gestattet. 1157 wurden Glockentürme verboten, Glocken durften höchstens 500 Pfund wiegen. Das Verbot von Türmen führte dazu, dass in Wänden Wendeltreppen eingebaut wurden, um die Dächer erreichen zu können.

Georg Dehio bezeichnete die Choriner Klosterkirche 1906 als das „bedeutendste und edelste Werk der Frühgotik im Gebiet des norddeutschen Ziegelbaus“. Tatsächlich ist das sechs Kilometer nördlich von Eberswalde im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin gelegene Zisterzienserkloster mit dem berühmten Westgiebel einer der wenigen märkischen Bauten des Mittelalters, der nicht nur zu den prominentesten Schöpfungen des Backsteingebiets, sondern zu einer der Ikonen der deutschen Gotik schlechthin wurde.

Dessen ungeachtet ist der Baustil des Choriner Klosters kaum als frühgotisch zu bezeichnen. Vielmehr handelt es sich um ein einheitlich hochgotisches Gebäudeensemble, in dem die Architektur der zisterziensischen Romanik allerdings noch nachwirkte. Die Klosterkirche ist wie in Lehnin eine lang gestreckte dreischiffige Basilika mit Querschiff. Anders als die Baumeister der mecklenburgischen Zisterzienserkirchen (Doberan, Dargun) orientierten sich die Choriner nicht am Modell der Lübecker Marienkirche, sondern schöpften stattdessen aus der lokalen Bautradition und übersetzten die Bauform der Lehniner Basilika in die Gotik.

Dabei behielten sie nicht nur die Kreuzform des Grundrisses bei, sie adaptierten strukturell sogar das gebundene System. Die Mittelschiffjoche haben exakt die doppelte Breite der quadratischen Seitenschiffjoche und zwei Mittelschiffjoche bzw. vier Seitenschiffjoche haben entsprechend zusammen die Abmessungen des Vierungsquadrats. Die Formensprache ist hingegen die der hohen Gotik und der Ostabschluss ist der von den gotischen Bettelordenskirchen übernommene Saalchor - allerdings in der aufwendigeren Form als 7/12-Polygon. Überhaupt orientierten sich die Erbauer der Kirche an der Architektur der Franziskaner und Dominikaner, wenngleich wiederum das Baudekor eher durch die größere zisterziensische Schmuckfreudigkeit gekennzeichnet ist.

Zugleich hatte der Bau natürlich auch den Herrschaftsanspruch seiner Auftraggeber widerzuspiegeln. Sowohl das Chorpolygon, als vor allem die Westfassade, wurden entsprechend repräsentativ gestaltet und ausgeschmückt. Letztere ist zwar entsprechend der Zisterzienserregel turmlos, mit ihrer aufwendigen Gliederung mit Treppentürmen, Fialen, krabbenbesetzten Giebeln, Schmuckblenden, Strebepfeilern und den drei - von Lehnin übernommenem - Spitzbogenfenstern, ist sie gleichwohl eine der am reichsten gestalteten und die ausgewogen proportionierteste aller backsteingotischen Kirchenfassaden. Die Seitenfronten zeigen ebenso wie der Innenraum den Wandaufriss der Bettelordensgotik (Berlin, Erfurt). Die statische Konstruktion ist unter den Seitenschiffpultdächern verborgen - und tritt nach deren Verlust zum Kreuzgang hin offen zutage. Die Wände sind nur durch schmale Dienste gegliedert. Die glatten Wandflächen kontrastieren deutlich mit dem komplizierten Fenstermaßwerk, den plastischen vegetabilen Pfeilerkapitellen, den Konsolen und den Pfeilern.

Die ursprüngliche Raumwirkung ist nach dem Verlust des Kreuzrippengewölbes, der Empore, der Chorschranken, des Gestühls etc. schwer zu ermessen. Bei den Pfeilerquerschnitten ist in Chorin ein Stützenwechsel durchgeführt worden - ein romanisches Gestaltungselement, das man in der märkischen Romanik vergebens sucht. Schlanke Bündelpfeiler wechseln sich mit Quadratpfeilern ab. Am Westende des Langhauses befand sich eine Empore, die dem Herrschergeschlecht vorbehalten war. Während die Westfassade als Solitär in der märkischen Kulturlandschaft steht, hat der polygonale Saalchor - als dessen Vorbild häufig die Zisterzienserkirche in Schulpforta genannt wurde - die Entwicklung des märkischen Kirchenbaus nachhaltig beeinflusst. eingeritzte Spielbretter

Die Erbauer des Klosters haben an zahlreichen Stellen versteckte Mitteilungen hinterlassen. So findet man im östlichen Kreuzgang Ziegel mit eingeritzten Spielbrettern. Über einem Chorfenster war ursprünglich ein Backstein eingearbeitet, deren Inschrift heute als ketzerisch interpretiert wird:

„Abel fieri no(n) valet / si malicia cayn no(n) excercet“

„Abel kann nicht werden, wenn Kain nicht durch Böses / durch Bosheit prüft“

Teilweise vorhandene Wandmalereien sind nicht originalgetreue Nachzeichnungen, bei denen offenbar viel Phantasie im Spiel war. Nach heutiger Erkenntnis sind lediglich wenige Putzreste im nördlichen Hauptschiff der Klosterkirche als original anzusehen.

Da es den Zisterziensern verboten war, auffälliges Schmuckwerk zu errichten, wurde viel Mühe in aufwändige Friese und Konsolen investiert. Sämtliche Kreuzgangkonsolen tragen unterschiedliche Motive, deren Deutung neben geistlichen Motiven auch vegetabile und stereometrische sowie Fabeltier-Motive aufweisen.


Aufhebung in der Reformationszeit

Obgleich die Äbte ihren Einfluss und Landbesitz bis zum späten 15. Jahrhundert stetig mehren konnten, erfolgte bereits 1542 - nur drei Jahre nach der Einführung der Reformation in Brandenburg - die Säkularisation des Klosters. Die Auflösung des Klosters hatte allerdings keine religiösen Gründe, sondern war der Geldgier der Hohenzollern geschuldet. Kurfürst Joachim II. folgte dabei dem Beispiel anderer Landesfürsten, die sich mit Klostergut sanierten Noch um 1500 gab es Streitigkeiten um die Choriner Abtswahl, da es sich um einen einträglichen Posten handelte. Zucht und Ordnung war hingegen im Kloster schon länger nicht mehr so gegeben, wie es ursprünglich vorgesehen war. 1528 musste der Vaterabt von Lehnin einen Mönch nach Chorin entsenden, um sicherzustellen, dass überhaupt noch den liturgischen Verpflichtungen nachgegangen wird. Mangelhafte Spiritualität gingen einher mit wirtschaftlichen Nöten, das Kloster verkaufte 1536 das Dorf Stolzenhagen. Noch 1536 hatte Joachim II. bei einem Besuch im Kloster Chorin untersagt, erste Reformationsversuche fortzusetzen.

Noch kurz vor der Aufhebung des Klosters 1542 erneuerte Chorin der Stadt Niederfinow Privilegien. Der Wasserzoll war seit 1375 verbrieft und führte noch in späteren Jahrhunderten zu Streitigkeiten. Durch den Bau des Finowkanals sollten die einst von den Mönchen gewährten Rechte aberkannt werden. Nach allen Instanzen wurden dem Herren von Hohenfinow, Baron von Vernezobre am 29. November 1775 die Zollrechte wieder anerkannt. Noch 1878 musste sich der Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten mit dem Streit um den Brückenzoll beschäftigen und bestätigte, dass der Staat für das Betätigen der Brücke täglich drei Mark an den Gutsherren von Hohenfinow zu zahlen hatte. Das Heben und Senken der Brücke wurde allerdings schon seit 1792 durch die Schiffer selbst durchgeführt. Erst die Übernahme der Brücke durch den Staat um 1900 beendete den jahrhundertelangen Zollstreit.

Durch die späteren Zweckentfremdungen, den Dreißigjährigen Krieg und nachfolgende Abbrucharbeiten gingen große Teile der Kirche und der Klausurgebäude auf ihrer Südseite verloren. Dennoch hat sich vom Kreuzgang und den um ihn gruppierten Gebäuden soviel erhalten, dass man auch heute noch einen guten Eindruck von der einstmaligen Wirkung des entsprechend dem „zisterziensischen Idealplans“ errichteten Ensembles erhalten kann. Bemerkenswert sind vor allem das Pfortenhaus, die Klosterküche sowie der „Fürstensaal“ am Nordwestende der Klausur. Vom Kreuzgang haben sich der westliche und große Teile des östlichen Flügel erhalten. Sämtliche Bauten sind stilistisch "aus einem Guss" und zeigen die gleiche hochgotische Formensprache, einheitliche Kreuzrippenwölbungen, reiches Fenstermaßwerk, krabbenbesetzte Ziergiebel, Schmuckfriese, Blendengliederung etc. wie die Kirche. Der Südflügel und große Teile des Ostflügels mit dem Kapitelsaal sind verloren.


Verfall bis zur Romantik

Nach der Säkularisierung war das ehemalige Kloster von etwa 1550 bis ins beginnende 19. Jahrhundert dem Verfall preisgegeben. Die Mönche lebten noch einige Jahre weiter im Kloster, es wurde aber bald Amtssitz und Domäne. Die Kurfürsten besuchten die Grablege ihrer Vorfahren immer seltener. Zu unbekannter Zeit wurde die Anlage dann verpachtet und als Viehstall genutzt.

Der verfallene Backsteinbau am Ufer des Sees erschien David Gilly 1797 noch lediglich als malerischer Ort und deshalb bedeutsam und erhaltenswert. Knapp 20 Jahre später erkannte Karl Friedrich Schinkel ergänzend, dass die Ruine ein herausragendes Baudenkmal und kostbares Zeugnis mittelalterlicher Geschichte ist. Der preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm klagte 1821 nach einem Besuch der königlichen Familie in Chorin, dass die Kirche den Schweinen preisgegeben sei. Erst die bauerhaltenden Maßnahmen im frühen 19. Jahrhundert sicherten den Erhalt Chorins als kulturhistorische Anlage und ist ab 1884, historisch, belegt.

Die Erhaltung von mittelalterlichen Bauwerken in dieser Zeit diente jedoch weniger kulturhistorischen Zwecken als vielmehr dem Zeitgeist, welcher in Ruinen im Zusammenspiel mit Kunst und Gartenbau eine Kunstrichtung sah.

Nachdem die Gebäude im frühen 19. Jahrhundert einen traurigen Anblick boten, und in Preußen – wie überall in Deutschland - im Zeitalter der Romantik eine Hinwendung zur eigenen Geschichte und deren baulichen Zeugnissen erfolgte, wurde ab 1817 unter der Leitung von Karl Friedrich Schinkel mit der Sicherung und teilweisen Rekonstruktion der Ruine begonnen. Das gärtnerische Umfeld gestaltete Peter Joseph Lenné. Die heutigen Besucher, die sich zumeist von Süden kommend dem Kloster annähern, können wohl schwerlich nachvollziehen, warum Fontane in seinem Kapitel in den „Wanderungen“ der Choriner Klosterruine das „Malerische“ absprach. 1997 übernahm das Amt Britz-Chorin von der Forstverwaltung die Trägerschaft des Klosters Chorin.

Auf dem Klosterfriedhof fanden der Architekt Max Taut und bedeutende Forstleute wie Wilhelm Bando, Max Kienitz, Alfred Dengler, Adolf Olberg, Alexis Scamoni, Egon Wagenknecht und Albert Richter ihre letzte Ruhe.



Text: Wikipedia

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