Marx-Engels-Forum

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Blick auf das Marx-Engels-Forum 2005

Das Marx-Engels-Forum ist eine in den 1980er Jahren errichtete Denkmalanlage in Berlin-Mitte. Es befindet sich im Bereich des mittelalterlichen Stadtkerns Berlins zwischen der Spandauer Straße und der Spree, nahe dem Roten Rathaus.

Entstehungsgeschichte und Standortproblematik

Auf Wunsch der Staatsführung sollte in Berlins neuer Mitte auf dem damaligen Marx-Engels-Platz ein Denkmal für die bedeutenden Theoretiker des Kommunismus aufgestellt werden. Die Kunstkommission des Ministeriums für Kultur der DDR entschied sich für einen Entwurf des Bildhauers Ludwig Engelhardt. Er hatte ein eher unauffälliges Monument geplant: die beiden Geehrten sollten nicht größer als das Anderthalbfache eines Normalmenschen ausmachen, weil sie auch die Proportionen zu den anderen in Berlin stehenden Denkmalen von Scharnhorst, Gneisenau und den Humboldts wahren sollten. Engelhardt wollte auch keinen sehr hohen Sockel, sondern die Bronzeskulpturen eher in Augenhöhe des Betrachters platzieren. Als Standort hatte er eine Fläche neben der ehemaligen Schlossfreiheit vorgesehen, nicht mitten auf dem Platz. Im Jahr 1977 wurde der Bildhauer als künstlerischer Leiter des Projekts berufen und suchte sich weitere Mitarbeiter aus, darunter Werner Stötzer, Margret Middell, den Fotografen Arno Fischer, den Dokumentaristen Peter Voigt und als Projektleiter Friedrich Nostiz. Im Atelier des Bildhauers Norbert Blum in einem ehemaligen Gemüseladen im damaligen Stadtbezirk Prenzlauer Berg entstand ein erstes Modell. Ein zweites Modell im Maßstab 1:1 aus Gips und Pappe, auf einer Wiese in Gummlin aufgestellt, wo sich Engelhardts Atelier befand, ermöglichte Detailschritte und -planungen. Ein inoffizieller Besuch von Erich Honecker und Kurt Hager, dem damaligen Kulturverantwortlichen im Politbüro der SED, in Gummlin mit Besichtigung des Modells brachte die Frage auf, warum Marx sitzend und Engels stehend dargestellt werden sollen. Engelhardt verglich Marx mit einem Herrscher, der auf dem Thron sitze. Honecker und Hager sagten nichts weiter dazu. Doch in einem fortgeschrittenen Stadium präsentierten andere Künstler, die mit dem Bau des Palastes beschäftigt waren, einen Gegenentwurf: die beiden Kommunisten auf einem drei Meter hohen Sockel und mit schräg gelegten Fahnen. Der Projektgruppe gelang die Abwendung dieser angedachten Veränderung, dafür sollte das Denkmalensemble nicht mehr auf dem Platz sondern hinter dem Palast der Republik, auf einer Wiese der anderen Spreeseite, aufgestellt werden. Vor dem Zweiten Weltkrieg war dieses Gebiet durch Wohn- und Geschäftshausbebauung geprägt, die im Krieg größtenteils durch Luftangriffe zerstört und nach 1945 enttrümmert und damit abgetragen worden waren. Für die Umgestaltung des Geländes zu einer Parkanlage wurden die noch erhaltenen Gebäude in den 1970er Jahren abgerissen.

Schließlich hatte Kurt Hager die Fotodokumente für die Edelstahlstelen begutachtet, er verlangte, einen lebenden Politiker mit aufzunehmen. So kam Honecker mit in den Geschichtsaufriss, was aus Sicht der Projektgruppe der einzige Kompromiss gewesen ist. Die letzten Schwierigkeiten wie Beschaffung von Böttgersteinzeug für die Porträtstudien und die Bereitstellung der außerplanmäßigen Menge Bronze für den Guss konnten noch überwunden werden. Die zehn Tonnen Bronze knappste Lew Kerbel für das zeitgleich gefertigte Thälmann-Denkmal dadurch ab, dass dessen Wandstärke verringert wurde.[1]

Nach dieser langen Vorbereitungszeit von neun Jahren wurde die jetzige Anlage innerhalb der gleichzeitig neugestalteten Parkanlage am 4. April 1986 eingeweiht.

Gestaltung

Auf einer runden, gepflasterten Freifläche sind verschiedene Kunstobjekte platziert.

Hauptteil des Ensembles und an zentraler Stelle aufgestellt ist eine Skulptur, die von Engelhardt selbst stammt: überlebensgroße Bronzefiguren von Karl Marx (sitzend) und Friedrich Engels (Höhe: 3,85 Meter), den Verfassern des Kommunistischen Manifests und Vaterfiguren des Sozialismus.

Dahinter steht eine Reliefwand von Werner Stötzer aus bulgarischem Marmor mit der Darstellung von Menschengruppen in frühkapitalistischer Umgebung.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes: Bronzereliefs von Margret Middell, Szenen des Lebens in einer befreiten Gesellschaft.

Dazwischen stehen, im Bogen angeordnet, vier doppelseitige, flächige Edelstahlstelen, gestaltet von Arno Fischer, Peter Voigt, Norbert Blum, Hans Gutheil, Jürgen Frenkel, Günther Köhler und Friedrich Nostitz. In Augenhöhe sind zahlreiche kleinformatige Fotodokumente aus der Geschichte der Arbeiterbewegung dauerhaft in die geschliffene Oberfläche erodiert. Diese Stelen mit den eingebrannten Fotodokumenten stellten in der damaligen Zeit eine Weltneuheit dar.[1]

Den hohen Anspruch konterte der Volksmund mit einer Parodie der sozialistischen Helden Sacco und Vanzetti durch die Bezeichnung Sakko und Jacketti.[2]

Diskussion und Zukunft

Nach der deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1990 wurde das Marx-Engels-Forum Gegenstand kontroverser Diskussionen, ähnlich wie der nahegelegene Palast der Republik. 1991 wurde der Name Marx-Engels-Forum der benachbarten Straße durch die Bezirksverordnetenversammlung Mitte aufgehoben und die Straße wieder in die 1951 benannte Rathausstraße einbezogen.

Die einen sehen in dem Platz das anachronistische Relikt einer überwundenen Epoche und wünschen eine Integration der vorhandenen Denkmalgruppe in eine Neubebauung des Heiliggeistviertels. Andere wollen die Anlage erhalten, wie sie ist – als bemerkenswertes Gesamtkunstwerk, als interessantes Zeugnis der neueren deutschen Geschichte. Inzwischen bezeugen die blankgewetzten Knie und Hände des sitzenden Karl Marx, dass die Figurengruppe jedenfalls als Fotokulisse von Touristen aus aller Welt als Kuriosum empfunden wird.

Wegen des Weiterbaus der U-Bahn-Linie U5 bis zum Brandenburger Tor wurde das Gelände im September 2010 geräumt und das Denkmal am 27. September 2010 an die Seite der Grünfläche zur Karl-Liebknecht-Brücke hin versetzt. An der neuen Position richtet sich der Blick der beiden Figuren nach Westen, statt vorher nach Osten.[3] Der runde Platz der Denkmalanlage wurde durch die Bauarbeiten zerstört.

Zur Geschichte des Forums produzierte der Maler und Dokumentarfilmregisseur Jürgen Böttcher 2001 den Film Konzert im Freien.


Text: Wikipedia

Liste der Autoren

Bild: Wikimedia/Manfred Brückels

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