Villeroy & Boch

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Die Villeroy & Boch AG, ist ein deutscher Hersteller von Keramik­waren, dessen Ursprung im Jahr 1748 liegt. Das Unternehmen ist nach seinen beiden Gründern François Boch und Nicolas Villeroy benannt und befindet sich nach über 265 Jahren immer noch größtenteils im Besitz der Familien von Boch-Galhau (Hauptaktionäre) und Villeroy de Galhau. Der Hauptsitz von Villeroy & Boch befindet sich in während der Französischen Revolution aufgegebenen Klostergebäuden der Abtei Mettlach im Saarland, daneben gibt es 14 Produktionsstätten in Europa, Asien und Amerika. Die Produkte werden in rund 125 Ländern vertrieben.

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Geschichte

Anfänge

Im Jahr 1748 begann François Boch, dessen eigentlicher Beruf Eisengießer war, mit Hilfe seiner drei Söhne im lothringischen Deutsch-Oth (Audun-le-Tiche) mit der Herstellung von Keramikwaren, insbesondere Geschirr. Dank der hohen Nachfrage nach diesen Waren konnte das Unternehmen 1767 expandieren und begann nahe der Festung Luxemburg unter dem Namen Jean-François Boch et Frères mit der Serienproduktion von Keramik. 1770 entstand das Brindille-Dekor, das mit Unterbrechung bis heute verkauft wird – seit dem 20. Jahrhundert unter dem Namen „Alt Luxemburg“ bzw. „Vieux Luxembourg“.[3]

1791, als das Unternehmen der Bochs schon über Lothringen hinaus u. a. im Saargebiet und in Luxemburg erfolgreich war, gründete Nicolas Villeroy in Vaudrevange (heute Wallerfangen) eine Steingutfabrik. Beide Unternehmer waren zunächst Konkurrenten. Villeroy gelang es, das Porzellan mit Kupferstichen zu bedrucken, was einen enormen Fortschritt in der Serienproduktion bedeutete und seine Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Unternehmen Boch sicherte. Die Kupferstiche wurden zunächst auf Seidenpapier gedruckt. Die ausgeschnittenen Stücke wurden auf die noch ungebrannte Keramik appliziert. Das Papier verbrannte beim Brennvorgang, während die Metallfarbe auf der Keramik zurückblieb.

1801 kaufte Jean-François Boch die ehemalige Benediktinerabtei in Mettlach an der Saar. In ihr wurde eine moderne mechanisierte Geschirrfabrik eröffnet. Mit ihr verwirklichte Boch einige seiner Ideen von Maschinen zur Fertigung seiner Waren, was den Beginn einer Massenproduktion markierte. Die Abtei wird bis heute als Konzernzentrale von Villeroy & Boch genutzt. Das Unternehmen von Boch begann nun, überregionale Bekanntheit zu erreichen.

Sein Werk wurde auch von seinen Söhnen weitergeführt. Pierre-Joseph Boch gründete 1812 in Siebenbrunnen (damalige Gemeinde Rollingergrund) die Antonius-Brüderschaft, die den Arbeitern fortschrittliche Sozialleistungen bot, die noch über die erst 70 Jahre später von Otto von Bismarck geschaffenen Sozialgesetze hinausgingen. Durch diese Maßnahme wuchs in den Augen der Arbeiter das Ansehen des Unternehmens. Auch wurde in Boch (einem Arbeiterort, der nach François Boch benannt wurde) ab 1829 ein weißes, sehr hartes Steingut entwickelt und produziert, wodurch sich die Keramikwaren vermehrt auf dem überregionalen Markt absetzen ließen.

Gründung und Expansion

Um jedoch auf dem Markt weiterhin bestehen zu können, schlossen sich Jean-François Boch und Nicolas Villeroy 1836 mit ihren drei Werken zum Unternehmen „Villeroy und Boch“ zusammen. Dies ermöglichte ihnen einen weiteren Aufstieg im überregionalen und später europaweiten Markt. 1843 eröffneten Villeroy und Boch ihr erstes gemeinsames Werk in Wadgassen (Saarland), die Cristallerie. Die Großproduktion in Wadgassen wurde im Jahr 1986 eingestellt und die Herstellung der Kristallglasserie Treveris Anfang der 1990er Jahre ganz beendet. Bis zum Jahr 2010 produzierte man noch zu Vorführzwecken Kristallglas.[4][5] Seit Oktober 2012 befindet sich auf dem Firmengelände ein sogenanntes Factory-Outlet-Center.[6]

Im Jahre 1846 Jahre später wurde in Siebenbrunnen die Trockenpressung zur Fliesenherstellung eingeführt. Dieses Verfahren wird bis heute verwendet. Villeroy und Boch erweiterten ihren Markt und exportierten nach Frankreich, in die Schweiz, nach Polen (damals preußisches Staatsgebiet) und nach England.

In den 1850er Jahren brachte das Unternehmen weitere Innovationen auf den Markt, so zum Beispiel hochwertigeres Porzellan, Bodenfliesen mit eingelegtem Muster („Mettlacher Platten“) und später den „Feuerton“. Villeroy & Boch wurde dadurch auch weltweit populärer: Man verkaufte die Waren in ganz Europa, exportierte nach Nord- und zum Teil nach Südamerika. Die Herstellung der Mettlacher Platten beschrieb ein zeitgenössisches Lexikon so:

„Mettlacher Platten, auf trockenem Wege geformte, bis zur Sinterung gebrannte, in der Masse gefärbte Tonplatten mit einfarbiger oder gemusterter Oberfläche. Dieselben bestehen aus zwei Masseschichten, von welchen die obere in feinerer Vorbereitung das Muster erhält, während die untere, in stärkerer Lage hergestellt, als Füllmasse dient. Bei der Herstellung wird die fein zerkleinerte Masse von Hand in Formen geschüttet, die unter Preßstempel geschoben werden, welche das Tonpulver stark zusammenpressen; zur Bewegung der Preßstempel wird hydraulischer Druck benutzt. Für die Anfertigung gemusterter Platten werden Schablonen verwendet, welche mit farbig brennenden Tonen gebrannt werden; die Schablonen werden vor der Pressung der Platten aus dem eingegebenen Tonpulver herausgezogen.“

– Otto Lueger: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften (Band 6). Stuttgart/Leipzig 1908.[7]

1879 wurde ein weiteres Keramikwerk in Merzig (ebenfalls im Saarland) eröffnet. Dieses entwickelte sich damals zur weltweit größten Fabrik für Bodenfliesen. Auch die im 20. Jahrhundert entwickelten „Terracotta-Baukeramiken“ wurden von dort weltweit vertrieben. Als gegen Ende des 19. Jahrhunderts vor allem im Sanitärbereich Keramik- und Porzellanprodukte die älteren Blechausstattungen immer weiter verdrängten, begann das Unternehmen ab 1899 mit einer Großserienproduktion von Sanitärkeramik, Toiletten, Spülbecken und Badewannen. Durch die erhöhte Produktion wurden modern ausgestattete Badezimmer nun auch für ärmere Bevölkerungsschichten erschwinglich.

Von 1883 bis zum Verkauf 1912 gehörte auch die Schramberger Majolika-Fabrik in Schramberg im Schwarzwald als Tochtergesellschaft zu Villeroy & Boch.[8]

Anfang des 20. Jahrhunderts

Während des Ersten Weltkrieges wurde die Produktion vorübergehend eingestellt. Da eine Belieferung des Deutschen Reichs aus dem nach Kriegsende abgetrennten Saargebiet nicht mehr möglich war, erwarb Villeroy & Boch 1920 Fabriken in Bonn und bei Breslau, wo es in der Zeit zwischen den Weltkriegen die Produktion wieder aufnahm: Während im Saargebiet für den französischen Markt produziert wurde, griff man in Bonn, wo für den deutschen Markt produziert wurde, die künstlerischen Ideen der Bauhaus-Bewegung auf.

Durch den Zweiten Weltkrieg hatte das Unternehmen erneut schwere Probleme zu bewältigen: Die deutschen Fabriken waren größtenteils zerstört, in Frankreich wurden zum Teil Tellerminen aus Porzellan hergestellt. Hinzu kam, dass die verbliebenen Produktionsstätten bei Breslau, in Dresden und Torgau nach dem Krieg enteignet und die saarländischen Fabriken erneut Frankreich eingegliedert wurden. Der Wiederanschluss des Saarlandes an die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1957 jedoch ermöglichte schließlich eine komplette Wiederaufnahme aller Unternehmenszweige. So konnte schon 1959 das Werk in Siebenbrunnen die Absätze mit weiteren Erfindungen, vor allem bei der Porzellanherstellung, wieder steigern. Das Unternehmen wuchs in den folgenden Jahren weiter an, exportierte ab 1971 bis nach Japan und beauftragte bekannte Designer wie Luigi Colani mit den Entwürfen von Keramikprodukten.

Ende des 20. Jahrhunderts und heute

1982 wurde das Unternehmen neu strukturiert und die Entwicklung nun zentral koordiniert. Die Produkte wurden in den Sparten „Fliesen“, „Sanitär“ und „Geschirr/Kristall“ verkauft. Auch in den 1980er Jahren expandierte das Unternehmen weiter; das Produktsortiment erweiterte sich um Wannen und Duschen.

1990 verkündete Villeroy & Boch den Gang an die Börse. In den 1990er Jahren kaufte das Unternehmen einige kleinere Hersteller auf. Bei der Jubiläumsfeier zum 250-jährigen Bestehen von Villeroy & Boch 1998 in Mettlach sprachen sich führende Politiker aus Luxemburg, Deutschland und Frankreich für das Unternehmen und den „Europäer der ersten Stunde“ aus. Das Produktsortiment wird bis heute ständig erweitert. Villeroy & Boch verkauft seine Waren nur an ausgesuchte Händler (weltweit) sowie in firmeneigenen „The House of Villeroy & Boch“-Läden. Privatpersonen können zudem in den firmeneigenen Outlet-Shops in Mettlach, Luxemburg, Wadgassen, Zweibrücken, Selb, Dänischburg, Wustermark und Torgau vergünstigte Tischkulturwaren zweiter Wahl kaufen, d. h. Porzellan, Glas, Bestecke und Dekorationsartikel mit kleinen Schönheitsfehlern. Das Unternehmen betreibt inzwischen einen Online-Shop für Privatpersonen mit dem regulären Angebot des Geschäftsbereichs Tischkultur.

Die Fliesensparte von Villeroy & Boch wurde zum 1. Januar 2006 in eine eigenständige GmbH (V&B Fliesen GmbH) ausgegliedert. Zum 1. Juli 2007 verkaufte die Villeroy & Boch AG 51 % der V&B Fliesen GmbH an den türkischen Keramikhersteller VitrA (Eczacıbaşı Holding). Im Januar 2011 wurde der Anteil der Eczacibasi Gruppe auf die V&B Fliesen GmbH auf insgesamt 75 % erweitert, eine erneute Erweiterung erfolgte im Januar 2014. Derzeit hält die Villeroy & Boch AG nur noch 5,7 % als Finanzinvestition.[1]

Im Anschluss an eine lange Tradition der Zusammenarbeit mit Künstlern entwickelte sich eine intensive Zusammenarbeit mit dem Maler Stefan Szczesny, der zahlreiche große Projekte mit dem Unternehmen entwickelte.

2008, im Jahr des 260. Jubiläums, übernahm Villeroy & Boch den insolventen Badmöbelhersteller Sanipa mit Sitz in Treuchtlingen. Sanipa bietet neben Badmöbeln auch Spiegel, Spiegelschränke und Lichtelemente an.[9]

Das Jahr 2009 war für Villeroy & Boch – wie für die gesamte Keramikbranche (Wedgewood, Rosenthal etc.) – von der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise gekennzeichnet. Weltweit reduzierte der Konzern die Zahl der Mitarbeiter um 900, davon rund 400 in Deutschland. Produkte wie etwa Tischbesteck werden in Asien gefertigt.

Entlassungen in Luxemburg trafen auf heftigen Widerstand von Bevölkerung und Belegschaft. Wegen der Schließung des Werks Rollingergrund warf die luxemburgische Christliche Gewerkschaft (LCGB) Villeroy & Boch vor, während Krisenzeiten unsozial zu handeln. Im Rahmen der folgenden Verhandlungen vor dem Nationalen Schlichtsamt (Office national de conciliation) konnten sich Unternehmen und Gewerkschaft aber letztendlich auf einen beidseitig zufriedenstellenden Sozialplan einigen.

Für das Krisenjahr 2009 verzeichnete der Konzern einen Verlust von 96,5 Millionen Euro, bei einem Umsatz von 715,3 Millionen Euro, etwa 14,9 % unter Vorjahresniveau.

Der Umsatz 2010 lag mit 714,2 Millionen Euro auf Vorjahres-Niveau, wohingegen sich das operative Ergebnis, EBIT (vor Sonderaufwendungen), um 25,3 Mio. Euro auf 23,6 Mio. Euro deutlich verbesserte. Bei konstantem Konzernumsatz konnte Villeroy & Boch vor allem im Ausland seine Umsätze steigern. Insgesamt wurde das Jahresergebnis aufgrund einer Belastung durch eine vorläufig gezahlte EU-Kartellbuße von 73 Millionen inklusive Rechtskosten beeinträchtigt.[10]

Villeroy & Boch konnte im Jahr 2011 den Umsatz auf 743 Millionen Euro steigern, was einem Anstieg von 4 % entspricht. Das operative Ergebnis (EBIT) erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr um 17 % auf 28 Millionen Euro.[11]

2012 verzeichnete Villeroy & Boch einen Rückgang der Mitarbeiterzahl von 8.449 auf 7.840 Mitarbeiter (rund 32 % davon in Deutschland), verbunden mit der Veräußerung eines von insgesamt drei Produktionswerken in Mexiko (Saltillo). Der Konzernumsatz bewegte sich mit 744 Mio. Euro auf dem Niveau von 2011, davon entfallen 466 Millionen Euro auf den Unternehmensbereich Bad & Wellness und 278 Millionen Euro auf den Unternehmensbereich Tischkultur. Das operative Ergebnis (EBIT) lag mit 31 Millionen Euro 11 % über Vorjahresniveau. Für 2013 strebte Villeroy & Boch eine Steigerung des Konzernumsatzes von 3 bis 5 % an.[12]

Im Januar 2014 nahm das Unternehmen im Ranking der 500 größten Familienunternehmen der Zeitschrift Wirtschaftsblatt Platz 242 ein.[13]

Das Unternehmen war vom 20. November 2009 bis zum 18. Juni 2010 im SDAX gelistet. Eine erneute Aufnahme in den Aktienindex erfolgte am 27. November 2013.[14] Am 21. September 2015 musste Villeroy & Boch den Index erneut verlassen.[15]

Der Konzernumsatz bewegte sich 2014 mit 766 Millionen Euro 2,8 % über Vorjahresniveau, davon entfallen 469 Millionen Euro auf den Unternehmensbereich Bad und Wellness und 297 Mio. Euro auf den Unternehmensbereich Tischkultur. Das höchste Umsatzwachstum wurde erneut im deutschen Markt erreicht. Umsatzrückgänge musste Villeroy & Boch in Frankreich und Italien hinnehmen, Umsatzwachstum wurde außerhalb Europas v. a. in China erreicht. Das Operative Ergebnis (EBIT) lag mit 43,2 Millionen Euro auf Vorjahresniveau, ebenso das Konzernergebnis mit rund 24 Millionen Euro.[1]

Zum 31. März 2014 verließ der Finanzvorstand Jörg Wahlers das Unternehmen.[16] Im Dezember 2014 verkündete Villeroy & Boch die Berufung von Markus Warncke zum Finanzvorstand mit Wirkung zum 1. Januar 2015.[17]

Der Konzernumsatz 2016 lag bei 820,1 Millionen Euro, eine Steigerung von 3,3 % zum Vorjahr. Davon entfielen 524,4 Millionen Euro auf den Unternehmensbereich Bad und Wellness und 295,7 Millionen Euro auf den Unternehmensbereich Tischkultur. Das Operative Ergebnis (EBIT) lag bei 47,6 Mio Euro.[18]

Im März 2017 wurde Yves Elsen im Anschluss an die Hauptversammlung zum neuen Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt. Er folgt auf Wendelin von Boch, dessen Amtszeit als Mitglied des Aufsichtsrates mit Ablauf der Hauptversammlung regulär endete. Wendelin von Boch war von 2007 an Mitglied des Aufsichtsrates und ab 2009 Aufsichtsratsvorsitzender.[19]


Text: Wikipedia

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